Geburtstag Georgia O’Keeffe

15.11.1887
Geburtstag Georgia O'Keeffe (gest. 6.3.1986)

Unser heutiges Geburtstagskind war Malerin und sorgte mit ihren Bildern regelmäßig für Skandale. Von einer ihrer Ausstellungen schrieb die amerikanische Wochenzeitschrift "The New Yorker", die Leute "humpeln zum Schrein der Heiligen Georgia und jagen davon auf den Schwingen der Libido". Weiter wurde behauptet, daß Psychiater gewissen Patienten ihre Werke als Anschauungsmaterial empfehlen würden. Es soll auch schon vorgekommen sein, daß anhand ihrer Bilder Kinder Aufklärungsunterricht bekommen haben. Was müssen das wohl für verruchte Motive gewesen sein, überlegen Sie jetzt sicherlich. Und dabei beschäftigte sich Georgia O'Keeffe ganz harmlos mit Stillleben von Blumen oder Früchten, Landschaften oder Tierschädeln. Allerdings hatte sie eine sehr ungewöhnliche Sichtweise dieser Dinge. Die Blumen beispielsweise waren überdimensional groß, so daß jede Einzelheit, jedes Blütenblatt, jedes Staubgefäß plastisch hervortrat und durch meist kräftige Farbgebung noch betont wurde. Georgia O'Keeffe selbst wehrte sich immer heftig gegen eine Sexualisierung ihrer Bilder. Solche eindimensionalen Bezüge existierten für sie nur in den Köpfen der Betrachter. Ebenso heftig wehrte sie sich gegen eine Einordnung ihrer Malerei als zweitklassige, "weibliche Kunst". Georgia O'Keeffe war eine der ersten Frauen in Amerika, die sich als bildende Künstlerin hatte durchsetzen können und wollte nun keinesfalls in eine Alibiecke oder Frauennische abgeschoben, sondern nur aufgrund strenger Qualitätsmerkmale beurteilt werden, wie ihre männlichen Kollegen auch.
Georgia O'Keeffe wurde am 15. November 1887 als Tochter eines Farmers geboren, der ungewöhnlich großen Wert auf eine gute Ausbildung seiner sieben Kinder, auch der Mädchen, legte. Nachdem Georgia in mehreren Kunstschulen ihr großes Talent unter Beweis gestellt hatte, wurde der umschwärmte New Yorker Galerist Alfred Stieglitz auf sie aufmerksam. 1916 hatte die Künstlerin in seiner Privatgalerie ihre erste Ausstellung und zwei Jahre später waren die beiden ein viel beachtetes Paar. In der avantgardistischen New Yorker Künstlerszene der 20er und 30er Jahre spielten der brillante Meisterphotograph und die exzentrische Malerin eine wichtige Rolle. Der charismatische Galerist war ein leidenschaftlicher und wortreicher Verfechter der zeitgenössischen Kunst, während die eher zurückhaltende Georgia, die immer in schlichten, schwarzen Kleidern und streng zurückgekämmten Haaren auftrat, wegen ihrer ruhigen, fast majestätischen Art sehr beeindruckend wirkte. Die naturbesessene Frau fühlte sich jedoch auf Dauer in der lärmenden Stadt nicht wohl. Sie suchte und fand ihren Zufluchtsort im Süden, im Grenzgebiet zu Mexiko. Die hitzestarrende, extreme Landschaft mit den ungewöhnlichen Farben wurde ihr 1947, nach dem Tod ihres Mannes, zur neuen Heimat. Bei ihrem Umzug war Georgia O'Keeffe 50 und sie konnte von dem Erlös ihrer Bilder gut leben. Dennoch wurde ihr Lebensstil immer einfacher, immer "natürlicher". In ihrem karg eingerichteten Haus im mexikanischen Stil hatte sie überall Fundstücke aus der Wüste verteilt und wie Kostbarkeiten drapiert zur Schau gestellt: ungewöhnliche Steine, vom Wind blank polierte Skelette von Tieren oder bizarr geformte Äste beispielsweise. Und je älter sie wurde, desto mehr ähnelte sie mit ihrem wettergegerbten, braunen Gesicht und den tief eingegrabenen Falten einer alten Indianerin.

Bis zu ihrem Tod im Alter von 98 Jahren war die berühmte Künstlerin ungemein produktiv. Sie behauptete von sich, eher in Bildern als in Worten denken zu können und überließ deshalb die Namensgebung ihrer Werke lieber den Galeristen. Wegen ihrer fast surrealistischen Kompositionen, wenn sie beispielsweise einem bleichen Tierschädel eine rote Rose in die Augenhöhle steckte, wurde sie immer wieder nach der Bedeutung ihrer Bilder befragt. Das könne sie mit Worten nicht erklären, das könne sie höchstens in der Bildersprache ausdrücken, meinte sie einmal und setzte trocken hinzu, und dann "müßte ich noch ein Bild mit einem Schädel malen, und was hätten wir dann davon?"