Berta von Suttner

9.6.1843
Bertha von Suttner geboren (gest. 21.6.1914)

Die Grafentochter aus uraltem, österreichischen Adel wurde am 9. Juni 1843 geboren. Ihre Teenager-Jahre waren angefüllt mit hochherrschaftlichen Bällen und Gesangsstunden, mit Reisen in europäische Metropolen und modische Badeorte, mit aufregenden Besuchen in Spielcasinos und teuren Opernhäusern. Sie verlobte sich mit einem Prinzen aus dem Hause Wittgenstein, der allerdings kurz darauf starb; sie ging in Baden-Baden mit dem König von Preußen spazieren, der sie um ein Foto bat. Sie verlor dreimal ein Vermögen und gewann dreimal alles – und noch mehr – wieder zurück. Für die 23jährige war der Ausbruch des österreichisch-preußischen Krieges eine lästige Bagatelle, als 30jährige behauptete sie: "Politik interessiert mich nicht im mindesten" und als 45jährige schrieb sie ein Buch, das ein Welt-Bestseller wurde und ihr den Friedens-Nobelpreis einbrachte: Bertha von Suttner, die "Friedensbertha". Einer verwöhnten Kindheit und Jugend im Luxus folgten einige magere Jahre, nachdem ihre verwitwete, lebenslustige Mutter auf etwas zu großem Fuß gelebt hatte. Weil sie ihr Leben nicht an der Seite eines ungeliebten, aber reichen Ehegatten beenden wollte, verdingte sich die Komteß Kinsky, so Bertha von Suttners Mädchenname, als Erzieherin im Haushalt eines reichen Barons und Hoflieferanten. Sie sollte den vier Töchtern des Hauses Sprachunterricht geben und gute Manieren beibringen. Stattdessen verliebte sich die Dreißigjährige, die auf dem besten Wege war eine alte Jungfer zu werden, in den 23jährigen Sohn ihres Arbeitgebers. Die beiden heirateten heimlich und brannten durch. Im Kaukasus ließen sie sich nieder und lebten dort neun Jahre teilweise unter primitivsten Bedingungen.
In diesem entlegenen Winkel der Welt fand Bertha von Suttner zum Schreiben. Sie verfaßte Reisebeschreibungen, Novellen und Romane, sie eignete sich im Selbststudium ein reiches historisches und politisches Wissen an und trat mit vielen bedeutenden Wissenschaftlern und Schriftstellern in Briefkontakt. Als sich ihre Schwiegereltern nach fast einem Jahrzehnt versöhnungsbereit zeigten, zog Bertha mit ihrem Mann wieder zurück nach Österreich, in die Nähe von Wien. Nun begann ein reges, gesellschaftliches Leben. Das Paar reiste viel und hatte bald einen großen Bekanntenkreis von Intellektuellen und Künstlern, mit denen sie heftige Diskussionen über den ausufernden Militarismus jener Zeit führten. In der Friedensbewegung setzte man damals auf den Fortschritt durch Vernunft. Internationale Schiedsgerichte sollten künftig die Streitigkeiten zwischen den Staaten beilegen, so daß man sich an den Krieg bald nurmehr als barbarisches Relikt aus unzivilisierten Zeiten erinnern würde. Bertha von Suttner war von dieser Idee wie elektrisiert. Die Begegnung mit der Friedensbewegung veränderte ihr Leben grundlegend. Ab diesem Zeitpunkt lebte sie nur noch für den Pazifismus. Zur größeren Verbreitung des pazifistischen Gedankenguts schrieb Bertha einen Roman über das Schicksal einer jungen Frau und die tragischen Auswirkungen des Krieges auf ihr Leben. "Die Waffen nieder!" erschien 1889 und wurde zum wohl meist diskutierten Buch jener Zeit. Tolstoi beispielsweise war begeistert und erhoffte sich dadurch nichts weniger als die endgültige Abschaffung des Krieges. Alfred Nobel fühlte sich durch ihren Einfluß veranlaßt, den Friedens-Nobelpreis zu stiften, den die streitbare Frau als fünfte Preisträgerin 1905 selbst erhielt. In zahllosen Vorträgen, die sie in alle europäische Länder und noch als 70jährige bis nach Amerika führten, versuchte Bertha von Suttner immer wieder Einfluß zu nehmen. Die Gründerin der österreichischen Friedensbewegung, von den Militaristen aller Länder gehaßt und als "Friedensvettel" und "Friedensfurie" verspottet, war bis zuletzt guten Mutes, die Katastrophe einer kriegerischen Auseinandersetzung in Europa aufhalten zu können. Ihre größte Niederlage mußte sie gottseidank nicht mehr erleben: Bertha von Suttner starb am 21.6.1914, genau eine Woche, bevor die Schüsse in Sarajewo fielen, die den ersten Weltkrieg